Gestresste Kinder werden schneller erwachsen

Eine Langzeitstudie, die über 20 Jahre geführt wurde, hat ergeben, dass Stress in der frühen Kindheit (ab einem Jahr) bestimmte Hirnregionen schneller reifen lässt. Forscher haben unter anderem untersucht, wie die Kinder beim Spielen mit Eltern, Freunden und Klassenkameraden interagieren. Auch mit MRI-Scans (Magnetic resonance imaging) wurden durchgeführt, um festzustellen, wie Stress das jugendliche Gehirn in verschiedenen Lebensstadien beeinflusst und sich auf die Reifung auswirkt. Während der Pubertät findet im Gehirn ein natürlicher Prozess statt, in dem Verbindungen zwischen Gehirnzellen verfeinert werden, um effizienterer Netzwerke zu schaffen.

Es wurden negative Einflüsse und Lebensereignisse aus dem sozialen Umfeld in 2 Lebensphasen untersucht. Die Kinder waren 0-5 Jahre und 14-17 Jahre alt. Dabei wurde festgestellt, dass Stress im Kindesalter aufgrund negativer Ereignisse und Erfahrungen eine schnellere Reifung eines Teils des Frontallappens zufolge hat. Der Frontallappen ist unter anderem für die Integration von Gedächtnisinhalten und emotionalen Bewertungen zuständig. Ebenfalls betroffen ist die Amygdala. Diese ist an der Furchtkonditionierung beteiligt und spielt allgemein eine wichtige Rolle bei der emotionalen Bewertung und Wiedererkennung von Situationen sowie der Analyse möglicher Gefahren. Sie verarbeitet externe Impulse und leitet die vegetativen Reaktionen dazu ein.

Im Jugendalter wirkt Stress hingegen aufgrund eines negativen sozialen Umfelds, wie z. B. geringes Ansehen in der Schule, mit einer langsameren Reifung des Hippocampus und einem anderen Teil des Frontallappens verbunden. Der Hippocampus gilt als zentrale Schaltstation zum limbischen System, welches für die Verarbeitung von Emotionen und die Entstehung des Triebverhaltens zuständig ist.

Evolutionär gesehen ist es nützlich, in einer stressigen Umgebung schneller zu reifen. Gleichzeitig verhindert es, dass sich das Gehirn flexibel an die aktuelle Umgebung anpassen kann. Das Gehirn wird also zu früh reif. Interessant ist dabei der Aspekt, dass eine stärkere Wirkung von Stress auf das Gehirn auch das Risiko der Entwicklung von antisozialen Persönlichkeitsmerkmalen erhöht.

(Quelle: Scientific Report; https://www.nature.com/articles/s41598-018-27439-5)

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